Jörn feiert mit ChatGPT Weihnachten

Der NDR hat uns gefilmt wie wir – Tom Klose, Nina Freckles und meine Wenigkeit – mit der Hilfe von ChatGPT und dem Publikum Weihnachtslieder neu (und ehrlich gesagt fast besser neutexten). Dazu gibts jetzt einen kurzen Bericht im Kommentar. Schaut gerne mal rein, es war wirklich eine lustige und sehr schöne Veranstaltung, die sich Chris Poelmann und die Körbis da ausgedacht haben – man kriegt einen kleinen Eindruck über den Bericht.

https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hamburg_journal/O-du-kuenstliche-Weihnachtslieder-Slam-mit-ChatGPT,hamj153960.html?fbclid=IwY2xjawHJY4lleHRuA2FlbQIxMAABHdOHzwjJLNvudGeeRMYZ9sbx1pNsY-AIHMAFlvRwIKo6skjrwT-y-6JJgQ_aem_aITS3w0vxhcXaJ88XS5fsA

ABER, was ich auch in diesem Bericht komisch finde: Wie eigentlich fast konsequent alles rausgeschnitten wurde, was ja doch kritisch und bedrohlich an KI ist. Das Einzige was drinblieb ist das übliche „Jaja, ChatGPT lustig, macht immer voll dämliche Fehler, Gottseidank!“ Alle beruhigt, Weihnachten, trallala.

Das ist leider nur noch die Hälfte der Wahrheit. Wenn überhaupt.

Wenn es um Sontexte und co. geht ist ChatPGT für ne Ki eher schlecht, da gibt es schon deutlich bessere Lösungen. Selbst dafür, DASS es eigentlich so schlecht ist, ist erstaunlich wie gut das Meiste schon ist.

Man merkt halt noch an einzelnen absurden Fails, dass ChatGPT kein VERSTÄNDNIS hat, von dem was es da tut, aber das ist eigentlich ziemlich egal, weil die KI das sehr gut überspielt.

Sprachmodelle wie ChatGPT analysieren im Grunde einfach nur, welche Wörter häufig in welchem Zusammenhang häufig mit anderen zusammen auftreten, die Logik oder das tiefere Verständnis hinter diesen Zusammenhängen bleibt der KI zu relevanten Teilen verborgen.

Das ist aber leider völlig egal, denn um mal ganz böse zu sein: Für die Charts reichts.

ChatGPT und die ersten Musik-KIs greifen nämlich gar nicht die noch unereichbaren Meisterwerke menschlicher Kreativität an. Sie fluten einfach nur den Aufmerksamkeitsraum mit durchschnittlichem Krempel, so dass man die Perlen gar nicht mehr findet. Weil sich halt irgendwelche Geschäftemacher denken: Wow nice, ich nehm einfach ChatGPT und irgendeine KI und überspringe 10 oder 20 Jahre harte Lern- und Übarbeit, produzier damit wie verrückt in Fließbandarbeit nichtssagenden Krempel – damit müll ich dann Spotify zu und verschlagworte das Ganze so geschickt, dass es bei Suchen teilweise HÖHER kommt als das Original oder typische Tippfehler geschickt ausnutzt.

Spotify ist das egal. Völlig egal. Die wollen nur Asche machen. Musik, Musiker, Musikerinnen? NICHTS könnte Spotify egaler sein!

Dieser Prozess führt aber zu einer weiteren Entwertung von Musik und vor allem des kreativen Prozesses. Ich habe in meinem Leben locker 3000 Lieder geschrieben und nur einen absoluten Bruchteil davon veröffentlicht.

Aber ich habe dabei gelernt immer besser und schneller zu werden. Mich reinzufühlen in Melodien und Worte, kleine Pointen einzubauen, Geschichten zu erzählen, Menschen mitzunehmen.

All diese schöne und sehr, sehr aufwändige Arbeit umgehen jetzt irgendwelche CHEATER mit KIs. Denn nichts anderes ist das: Cheaten. Und der Witz ist: Weder der Cheater noch ich haben nachhaltig was davon.

Richtig reich wird man mit so stumpfer Fließbandarbeit meistens doch nicht, zudem entzieht man sich ja selbst mit der Zeit die Geschäftsgrundlage ABER man beraubt sich einer unglaublich wichtigen Chance.

Sein Leben lang Musik machen, Texte schreiben, echte Texte und echte Musik, seine Seele, seine Stimmung da rausspielen und singen: Das macht nicht nur manchmal glücklich, das macht zufrieden. Und Zufriedenheit (das merkt man irgendwann mit anwachsendem Lebensalter) ist langfristig mehr wert als kurz mal glücklich sein, weil man mit nem KI-Song nen Tausi gemacht hat, wobei der eigene kreative Beitrag 3 Zeilen Prompt war.

ECHTE KREATIVE ARBEIT kann ein riesiger, extrem wichtiger Halt in einem Leben sein und wir sind dabei uns all das selbst zu nehmen, bzw. von irgendwelchem KI-Firmen nehmen zu lassen. Denn diese Firmen und ihre milliardenschweren Besitzer sind die eigentlichen Profiteure, während wir uns einfach nur mit schlechter Musik zumüllen und den kreativen Prozess ruinieren.

Ich bin KEIN grundsätzlicher Gegner von KI. Es wird sich eh nicht aufhalten lassen und es wird in Medizin, Forschung und Ingenieurswesen vieles nach vorne bringen. Es gibt eben wie auch bei dieser Veranstalung der Körber-Stiftung tolle und menschenfreundliche, Menschen-verbindende Wege es einzusetzen.

Aber es wird – besonders wenn wir nicht aufpassen – auch viele heute, tolle und erfüllende und kreative Jobs ruinieren. Arbeit eben, die mehr ist als nur Arbeit.

Ich liebe wenig so sehr wie Musik zu machen und ich bin ja zum Glück so ein Bühnentier – das kann mir auch ChatGPT nicht so schnell nehmen. Niemand will bei nem Sofakonzert nem singenden Computer zuhören.

Aber es wird halt NOCH ein bisschen krasser als jetzt schon: Du willst Geld mit Musik verdienen? Dann spiel Konzerte, Konzerte und noch mehr Konzerte.

Der kreative Prozess, das was im Kern des sich-selbst-verstehens der Forschung am menschlichen Ich steckt, das bleibt immer mehr auf der Strecke.

Versteht mich nicht falsch, ich LIEBE Konzerte, ich LIEBE es mit euch zu singen, zu feiern, Party zu machen – aber auch ich kann das nicht immer. Und viele gerade junge Musiker und Musikerinnen bekommen so gar keine Chance anzufangen.

Weil sie vielleicht gar nicht die Typen für die Bühne sind ABER trotzdem total was zu sagen haben. Euch Sachen zu sagen und zu singen haben, die euch helfen euch besser zu verstehen, die euch diesen kleinen Moment Innehalten schenken, diese Träne im Augenwinkel, dieses Gefühl nicht alleine zu sein auf diesem Planeten.

Und das ist alles SO UNGEMEIN VIEL WERTVOLLER wenn es von einem Menschen kommt. Weil es uns miteinander verbindet.

Deshalb ist es so wichtig, dass wir gierigen KI-Bros und menschlich gescheiterte Milliardäre – die denken mit KI können sie jetzt auch noch mal eben kreativ, populär und beliebt werden – die Stirn zeigen und uns die Menschlichkeit bewahren.

Ich wünschte der NDR würde mal mehr davon was aufgreifen. Passt doch auch zu Weihnachten.

Danke,

Euer Jörn